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Jeder Job ist wichtig

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Gut gelaunt ist Sayed heute im Café Beano´s in der City Stars Mall in Heliopolis angekommen, wie fast an jedem Arbeitstag. Er mag seinen Job. Dabei hat er eigentlich nie daran gedacht, einmal hauptberuflich zu kellnern.

Sayed war Fußballspieler beim Zweitligisten Samanoud im Gouvernement Gharbia und kam mit dem Gehalt, das er vom Club bekam, gut aus. Nach den fatalen Ausschreitungen bei einem Fußballspiel in Port Said im Februar 2012 entschied die Mannschaft, nicht mehr weiter zu spielen – und Sayed brauchte schnellstmöglich einen neuen Job. Eine Ausbildung hatte er nicht. Seine Zukunft sah schlecht aus. Doch dann erzählte ihm eine Freundin von einem Job Center in Dokki, und Sayed ergriff seine Chance.

Wie richtig guter Kaffee gemacht wird, hat Sayed in einem der Trainings gelernt, die La Poire seinen Mitarbeitern anbietet.
Wie richtig guter Kaffee gemacht wird, hat Sayed in einem der Trainings gelernt, die La Poire seinen Mitarbeitern anbietet.© WZ - Deutsche Botschaft in Kairo

Die Job Center sind Teil des National Employment Pact (NEP), der mit deutscher Hilfe junge Menschen bei der Jobsuche unterstützt. Sie konzentrieren sich auf die Vermittlung Arbeitssuchender unter 35 Jahren in so genannte Blue-Collar Jobs – also in gewerbliche Jobs, für die kein Studium notwendig ist. Die Mitarbeiter der Zentren sichten täglich Bewerber und bieten Orientierungskurse für Jobsuchende an. Sie organisieren Job-Messen, auf denen Arbeitgeber Interviews mit potenziell geeigneten Kandidaten führen können, und werben in Wohngebieten gezielt für bestimmte Jobprofile. Mehr als 300 Firmen nehmen mittlerweile die Angebote der Jobzentren wahr. Dafür müssen sie garantieren, dass sie Arbeitsplätze unter fairen Bedingungen anbieten und netto mindestens 700 L.E. im Monat bezahlen.

„Das Problem ist gar nicht so sehr, dass es nicht genügend Jobs gibt, sondern dass viele Arbeiten vor allem von jungen Leuten negativ bewertet werden“, berichtet Hartmut Jarosch, der die Job Center mit aufgebaut hat. Gleichzeitig seien die Firmen nicht bereit, höhere Löhne zu bezahlen und in Weiterbildungen zu investieren, um damit gute Arbeitskräfte zu finden und an sich zu binden. Auch das Unternehmen La Poire, zu dem die Kaffeekette Beano´s gehört, hat es schwer, „gute“ Leute zu finden, obwohl sie mit ihren Löhnen im Mittelfeld liegen. Seit ihr Personalleiter Mahmoud Ata mit dem NEP zusammenarbeitet, konnte er deutlich mehr geeignete Mitarbeiter für La Poire gewinnen. „Der NEP ist der beste Personalvermittler auf dem Markt. Er trifft eine extrem passgenaue Vorauswahl und gibt den Bewerbern noch vor den Gesprächen eine erste Orientierung, sodass ich viel Zeit spare“, so Mahmoud Ata. Blieben früher nach 50 geführten Interviews 10 geeignete Kandidaten übrig, so kämen heute von 50 über den NEP vermittelten Bewerbern 35 für einen Arbeitsplatz bei La Poire in Frage. Wie richtig guter Kaffee gemacht wird, hat Sayed in einem der Trainings gelernt, die La Poire seinen Mitarbeitern anbietet.

Sayed an seinem Arbeitsplatz: dem Café Beano´s in der City Stars Mall in Kairo.
Sayed an seinem Arbeitsplatz: dem Café Beano´s in der City Stars Mall in Kairo.© WZ - Botschaft Kairo

Bis heute konnten mehr als 2.500 Jobsuchende über die drei Job Center im Großraum Kairo vermittelt werden. Sayed ist einer von ihnen. Da er als Schüler eine Zeit lang gekellnert hatte, vermittelte ihm das Job Center vor allem Interviews mit Firmen aus dem Servicebereich. Ein Vertreter von La Poire fand Interesse an dem jungen Mann und lud ihn zu weiteren Gesprächen in die Zentrale ein. Schnell bekam er das Angebot, als Kellner anzufangen. „Zunächst sah ich in dem Job nur eine Überbrückung, bis ich etwas besseres gefunden hätte“, so Sayed über seine ersten Tage im Café. „Doch dann merkte ich, dass ich extrem viel Spaß daran hatte, mit den Kunden in Kontakt zu kommen und im Team zu arbeiten. Meine Kollegen begannen, mich 'das Wunder' zu nennen, und so langsam begriff ich, dass ich eine Aufgabe gefunden hatte, die mir wirklich lag“.

Heute hat Sayed klare Vorstellungen davon, wo er beruflich einmal hinmöchte: „Ich würde mich gerne zum Distrikt Manager weiterbilden lassen. Langfristig möchte ich meine eigene Idee verwirklichen, aber dafür fehlt es mir noch an Erfahrung, zum Beispiel wie man Personal führt oder wie man Bilanzen erstellt. All das kann ich aber genau hier lernen.“

La Poire bietet seinen Mitarbeitern Weiterbildungsmaßnahmen an. Dabei geht es nicht nur darum, wie man guten Kaffee zubereitet, sondern auch um den Erwerb administrativer Kenntnisse oder wichtiger Soft Skills. „Viele Mitarbeiter sehen die Entwicklungschancen, die sie bei uns haben, leider nicht und kündigen schnell wieder“, berichtet Mahmoud Ata. Daher freut er sich besonders über Sayeds Ambitionen. „Sayed ist ein hart arbeitender Mitarbeiter mit einer klaren Vorstellung von seiner Zukunft. Wir werden ihn darin unterstützen, seinen Weg weiterzugehen.“

Sayed versteht häufig nicht, warum viele seiner Kollegen den Job schnell wieder kündigen: „Um ein bestimmtes Ziel zu erreichen, muss man manchmal ganz unten anfangen. Und doch ist jeder von uns bereits ein wichtiges Puzzleteil vom Ganzen, egal ob als Kellner oder Manager. Nur zusammen funktionieren wir.“ Und es gibt noch etwas, das Sayed an seinem Arbeitgeber sehr schätzt: Er kann weiterhin seiner großen Leidenschaft, dem Fußball, nachgehen. „Mit der Betriebsmannschaft haben wir in diesem Jahr den Pokal gewonnen“, berichtet Sayed stolz.

Textquelle: Deutsche Botschaft Kairo

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